Das folgende Selbstverständnis spiegelt den Stand der Diskussion vom Juni 2021 wider.
Wir sind akademische Mitarbeiter*innen im Mittelbau und organisieren uns, um unsere Interessen zu artikulieren, unsere Rechte durchzusetzen und uns in Problemfällen gegenseitig zu unterstützen.
Unser Anspruch ist es mit unseren Kolleg*innen des Mittelbaus der Universität Stuttgart in engen Austausch zu treten, und zwar in den verschiedenen Fachbereichen (Campus Stadtmitte und Vaihingen), unabhängig von der Vertragsart (akademische Mitarbeiter*innen, Postdoc-Stipendiat*innen, Lehrkräfte für besondere Aufgaben, Lehrbeauftragte, etc.).
Wir setzen uns gemeinsam ein
- für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft, insbesondere mehr entfristete Beschäftigungsverhältnisse unterhalb der Professur;
- für die Demokratisierung der Hochschulen, insbesondere mehr Verantwortung und Mitbestimmung für die Beschäftigten und die Studierenden;
- für eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen und einen Rückgang des Anteils der über Projektmittel finanzierten Stellen.
„Frist ist Frust“ – Prekarisierung des Mittelbaus
Im Jahr 2013 waren noch 68% der Wissenschaftler*innen befristet beschäftigt (BuWiN2013) – aktuell sind es 92% (BuWiN2021), 37% davon haben keine volle Stelle (BuWiN2021). Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Prekäre Arbeitsbedingungen sind für den Mittelbau an deutschen Hochschulen mittlerweile der Normalfall.
Das liegt unter anderem an den politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen der Universität: an der Unterfinanzierung und der daraus folgenden Abhängigkeit von Drittmitteln einerseits; andererseits wird durch den juristischen Rahmen (u.a. das WissZeitVG) ein Sonderrecht geschaffen, welches Befristungen auch deutlich über der arbeitsrechtlichen Norm außerhalb des Wissenschaftssektors ermöglicht.
Eine Folge dieser unhaltbaren Personalplanung: Viele Absolvent*innen werden für den akademischen Betrieb qualifiziert, finden aber keine Anschlussbeschäftigung, da nicht genug Mittelbaustellen geschaffen werden.
Die Prekarisierung hat schwere Folgen:
- finanzielle und vertragliche Unsicherheit, die zu Zukunftsängsten führt;
- häufiger Wechsel der Dienststelle deutschlandweit und international, um im akademischen System zu bestehen;
- Abhängigkeit vom Vorgesetzten („Doktorvater“, „Doktormutter“), die übliche Arbeitsverhältnisse übersteigt und bis zur Selbstausbeutung reicht;
- Auslagerung zentraler Bestandteile der universitären Lehre auf Honorarkräfte mit Lehraufträgen, bei denen ein so geringes Entgelt gezahlt wird, dass der durchschnittliche Stundenlohn häufig unterhalb des Mindestlohns liegt.
Beispielsweise bleiben 46 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an Universitäten kinderlos, obwohl 88 Prozent des wissenschaftlichen Nachwuchses einen Kinderwunsch haben (BuWiN 2017).
Im Durchschnitt arbeiten Promovierende wöchentlich 43 Stunden (die vertraglich geregelte Arbeitszeit liegt aber durchschnittlich bei 30), promovierte Mitarbeiter*innen 47 Stunden (die durchschnittlich vertraglich geregelte Arbeitszeit liegt hier bei 37) (BuWiN 2021). Die Qualität von Lehre und Forschung leidet maßgeblich unter dieser Überlastung.
Der hohe Druck in häufig wechselndem beruflichem und sozialem Umfeld erschwert es, sich für die eigenen Interessen gemeinsam und solidarisch zu organisieren.
Weitere Probleme gemeinsam bekämpfen
So wollen wir die weiteren Schwierigkeiten und Probleme identifizieren, die sowohl den Prinzipien von guter Wissenschaft widersprechen als auch die Qualität von Lehre und Forschung gefährden, wie z.B.:
- Arbeitszeitverdichtung;
- Abwicklung von Daueraufgaben über Projektstellen;
- mangelnde Transparenz über Aufgaben (zu breite oder keine explizite Dienstaufgabenbeschreibungen);
- Übernahme von Prüfungs- und Betreuungsarbeiten für den/die Vorgesetze/n ohne entsprechende vertragliche und finanzielle Würdigung;
- bis hin zu Machtmissbräuche an Lehrstühlen (Mobbing/Bossing).
Gemeinsam und im Austausch mit anderen Statusgruppen-Initiativen und -Vertretungen (Studierende, Mittelbau, nichtwissenschaftliches Personal) möchten wir Aktionen organisieren und Lösungsstrategien erarbeiten, die konkrete Probleme hier bei uns angehen und dabei notwendigerweise über die eigene Universität hinausgehen.
Konkrete Zusammenarbeit gibt es bereits mit der ver.di-Betriebsgruppe, der DGB-Hochschulgruppe, der Freien Arbeiterinnen- un Arbeiter-Union (FAU) und dem bundesweiten Netzwerk für gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss).
Gemeinsam und solidarisch für gute Arbeit in der Wissenschaft!